Der Braukonvent

Am 6. Mai 2017 gründete sich im Gemeindesaal Lützschena der Sophiengemeinde der Braukonvent (zunächst unter dem Namen “Bierclub”) als Zusammenschluss von Freunden des edlen Gerstengetränkes. Sie vereinte der Wunsch, ihr Wissen um die Braukunst weiterzugeben – die übergroße Mehrzahl wollte sie aber erst einmal erlernen. Initiator war der viel zu früh verstorbene Pfarrer Helge Voigt, dem diese Idee während eines Austauschaufenthaltes in den USA kam. Die Gemeinde stellte dazu die Räumlichkeiten zur Verfügung, erste Gerätschaften sowie Malz, Hefe und Hopfen wurden aus den Mitgliedsbeiträgen gekauft.

Der erste Sud fand am 20. Mai 2017 statt. Mit grenzenlosem Optimismus und einem Schuss gehöriger Naivität gingen wir ans Werk. Das Ergebnis war dementsprechend – ein Getränk, das nur mit Grimm’scher Phantasie als Bier bezeichnet werden konnte.

Nun nahm Rolf Schubert als ausgebildeter Diplom-Ingenieur für das Brauwesen die Sache in seine fachmännischen Hände. Unser Konzept bestand und besteht darin, den Brauprozess Schritt für Schritt im wahrsten Sinne handwerklich nachzuvollziehen – wir verzichten bewusst auf (halb-)automatische Brauapparaturen. Dazu bauten wir zum Beispiel eine eigene Wasserkühlung oder auch ein Maisch-Scheit, welches zum Rühren  der Maische (dem Gemisch aus Wasser und Gerstenmalz) dient. Auch neue Braugefäße wurden entsprechend ihrer geplanten Nutzung gekauft und teils in Eigenregie nachgerüstet.

Was-Wann-Wo-Wer?
Braukonvent
ca. aller 12 Wochen
Pfarrhaus Lützschena
braukonvent(at)sophien-leipzig.de

Zuerst ging es aber darum, die einzelnen Brauschritte in ihrer biochemischen Wirkungsweise abhängig von der Temperatur zu verstehen. Dann galt es, die brauspezifischen Fachausdrücke zu erlernen. Begriffe wie “Einmaischen”, “Läutern” oder “Anschwänzen”  waren für die meisten von uns völlig neu – und auch heute noch gibt es da gewisse “Aussetzer”, wenn es um die korrekte Beschreibung der einzelnen Schritte geht. Aber das wird mit Humor quittiert. Überhaupt ist das gesellige Miteinander während des Brauens mindestens genauso wichtig wie das Ergebnis. Zudem lernten wir durch Rolfs Berichte und Erzählungen eine Menge zur Geschichte des Brauens im Allgemeinen und in Lützschena im Besonderen.

Ein typischer Brautag – also vom Einmaischen über das Herunterkühlen der Würze bis zum Einstellen in den Kühlschrank – beginnt um 9 Uhr und endet am Abend gegen 18 Uhr. Der Prozess wird entsprechend der vorgegebenen Schritte im Sudprotokoll dokumentiert. Nur eine große Sorgfalt bei deren Einhaltung kann ein Ergebnis erzielen, welches mit großem Genuss getrunken werden kann. Nachdem die Würze ihre vorgegebene Temperatur im Kühlschrank erreicht hat, erfolgt am nächsten Tag das Anstellen – die Zugabe der Hefe. Danach beginnt der Gärprozess mit Haupt- und Nachgärung, der ebenfalls genau beobachtet werden will. In Abhängigkeit von dessem zeitlichen Verlauf erfolgt dann die Abfüllung in die Flaschen – natürlich der absolute Höhepunkt! Die Etiketten werden von Steffen Berlich entworfen. Sie werden sicher noch Generationen später auf Tauschbörsen bei Sammlern astronomische Summen erzielen!

Die erzielte Menge an Bier (die sogenannte “Ausstoßmenge”) liegt bei etwa 40 Litern. Wir sind etwa zwölf Mitglieder – da ist das nicht wirklich viel. Aber es ist für uns vor allem die Freude am Brauen, die diesen Aufwand lohnt. Eine signifikante Erhöhung würde einen wesentlichen Ausbau der Infrastruktur erfordern, was derzeit nicht realistisch ist. Und trotzdem – selbst auf diese kleine Menge müssen Steuern gezahlt werden. Unser Unternehmen läuft unter der amtlichen Bezeichnung “Brauen ohne Erlaubnis”, und so führen wir pro Sud in Abhängigkeit von der Literzahl und dem Stammwürzegehalt etwa 2,60 EUR an das Land ab, was die Staatseinnahmen spürbar erhöht. Wir brauen ungefähr viermal im Jahr …. .

Holger Perlt

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