Entstehungsgeschichte

Begegnungsstätte “LEBENS L.u.S.T.” am Wahrener Rathaus eröffnet (nachzulesen in Glocke 82, Dezember 2011)

Die gespendeten Möbel – Sitzgruppen, Tische, Stühle – stehen noch übereinander gestapelt in der ehemaligen Küche. Der Fußboden in den früheren Gasträumen ist gereinigt, die Wände sind frisch gemalert. Neue Lampen hängen an der Decke, stehen auf den Fensterbänken. Was noch fehlt, ist eine kleine Küche. So sah es noch Ende Oktober 2010 aus in der ehemaligen Gaststätte “Alt-Wahren” in der Georg-Schumann-Straße 326, direkt gegenüber dem Wahrener Rathaus.

Mittlerweile hat dort die ökumenische Begegnungsstätte der (damals noch) vier Schwesterkirchgemeinden Lindenthal, Lützschena, Möckern und Wahren und der katholischen Gemeinde St. Albert in Wahren eröffnet. Der Name ist Programm: “LEBENS L.u.S.T.” – wobei die Abkürzung für “Leib und Seele Treff” steht. Auf Postkarten, die fleißige Helfer kurz vor der Eröffnung am 4. November in umliegenden Geschäften verteilt haben, ist die Rede vom “Wohnzimmer mittendrin”. Genau das soll es sein: “Wir wollen offen sein für alle”, sagt Hans-Reinhard Günther, Vorsitzender des Fördervereins Gemeindeaufbau der Ev.-Luth. Gnadenkirche Leipzig-Wahren und einer derjenigen, die das Projekt vorantreiben

Offen für alle, und das mit möglichst vielfältigen Angeboten: von der Krabbelgruppe bis zum Seniorenfrühstück, von der Vorleserunde bis zur (Selbst-)Leseecke, vom gemeinsamen Musizieren bis zur Kinderspielecke mit Tobematten. Einmal pro Woche steht einer der beteiligten Pfarrer zu Gesprächen bereit. “Möglich ist vieles”, sagt Hans-Reinhard Günther, “wir werden sehen, wie es sich entwickelt.” Zwei getrennte Räume – rund 60 und rund 30 Quadratmeter groß – erlauben es, unterschiedliche Angebote gleichzeitig zu unterbreiten. “Es gibt viel Interesse aus den Gemeinden”, weiß er. Aber natürlich sollen nicht nur Gemeindemitglieder erreicht werden.

“Wir müssen unter die Leute gehen und die Hemmschwellen abbauen für diejenigen, die mit Kirche nichts am Hut haben”, sagt Hans-Reinhard Günther. “Es ist wichtig”, meint Frauke Wiesmann, die wie er im Leitungsgremium sitzt, “Gemeinde wieder stärker ins Blickfeld aller zu rücken.” Und das möglichst unkompliziert: “Keine Voraussetzungen, keine Anmeldung, völlig unverbindlich, spontane Neugier genügt!” so Frauke Wiesmann. Sie und ihre Mitstreiter setzen auch auf die zentrale Lage direkt am Wahrener Rathaus – und die durchgängigen Öffnungszeiten dienstags bis donnerstags von 10.00 bis 17.00 Uhr. “In den Pfarrhäusern gibt es wegen diverser Veranstaltungen keine Räume, die durchgängig drei Tage frei wären”, so Hans-Reinhard Günther, zudem liege gerade das Wahrener Pfarrhaus für viele doch recht versteckt. Allerdings fiel die Wahl nicht nur wegen ihrer Lage auf die ehemalige Gaststätte. Als Alternative wären leerstehende Läden in Frage gekommen, doch die sind in aller Regel kleiner. Und das frühere Gasthaus hat noch einen anderen, nicht zu unterschätzenden Vorteil: komplette Toilettenanlagen auf dem neuesten Stand.

Während der Öffnungszeiten betreuen jeweils zwei bis drei ehrenamtliche Helfer den Leib und Seele Treff. “Wir haben viele Anfragen von Leuten, die sich gerne einbringen würden”, freut sich Hans-Reinhard Günther. Allerdings könne man noch gut Unterstützung durch weitere Helfer gebrauchen, sagt Frauke Wiesmann. Schließlich solle das Angebot zeitlich und inhaltlich noch weiter entwickelt werden. “Am einfachsten kommen Interessierte direkt während der Öffnungszeiten vorbei und sprechen uns an”, sagt sie, die sich selber vorstellen kann, Beratungen in Konfliktsituationen anzubieten.

Aber auch wer einfach nur auftanken will, ist willkommen: Die Helfer schenken bei Bedarf auch Kaffee, Tee und alkoholfreie Getränke aus. Gegen Spenden. Auch Kuchen soll es geben, nach Möglichkeit gesponsert von Bäckereien. Überhaupt, die Sponsoren: Ohne sie wäre nichts gelaufen. Viele haben bei der Renovierung der Räume geholfen oder Möbel zur Verfügung gestellt, so der Verein “Perspektive” aus Hohenroda (Kreis Nordsachsen), der Möbel aus Büro- und Wohnungsauflösungen aufarbeitet. Zwei weitere Sponsoren hebt Hans-Reinhard Günther besonders hervor, beide halfen mit Geld aus: der St.-Benno-Verlag und das Leipziger Institut für Marktforschung. Die Initiatoren wollen auch noch an weitere potentielle Sponsoren herantreten. Für ein Jahr ist die Finanzierung des “Leib und Seele Treffs” zunächst gesichert. Unter anderem durch Spenden, die für den im vorigen Jahr verstorbenen René Hampe, Autor des “Grünlings”, gedacht waren. Der Kirchenvorstand hatte einen entsprechenden Beschluss gefasst. Hans-Reinhard Günther ist sich sicher: “Damit wird das Geld weiterhin im Sinne von René Hampe verwendet.” Darüber hinaus hofft er, dass die Gemeinden einmal im Jahr eine Kollekte für die Begegnungsstätte sammeln werden.

Das Gespräch mit Frauke Wiesmann und Hans-Reinhard Günther aus dem Leitungsgremium der neuen Begegnungsstätte “LEBENS L.u.S.T.”
führte Alexander Schierholz, aus Glocke 82

Eröffnung am 04.11.2010 mit ökumenischem Segen: Pfarrer Helge Voigt (+), Pfarrer Albrecht Häußler und Pater Bernhard Venske, St. Albert

Treff LEBENS L.u.S.T. – eine wunderbare Geschichte

Eigentlich war der der Treff LEBENS L.u.S.T. nur für ein Jahr befristet. So die Prämisse der Ehren- und Hauptamtlichen 2010. Keiner wusste, kommen Gäste, wird der Treff angenommen, wie wird das mit den Finanzen, halten die Ehrenamtlichen durch. Doch mit himmlischer Unterstützung geht der Treff auf seinen 10. Geburtstag im November 2020 zu, auch wenn seit Mitte März die Räume wegen COVID 19 leider geschlossen bleiben müssen.

Nach der Startphase des Treffs LEBENS L.u.S.T. im November 2010 entwickelte sich langsam eine inhaltliche Struktur für die drei Tage, an denen der Treff öffnete. Diese Struktur hat sich bewährt und das damit verbundene Arbeitspotential ist auch von den Ehrenamtlichen, die seither den Treff betreuen, zu leisten, jede Woche im Jahr und das seit 2010!

Bereits Anfang 2011 wurde das „Frühstück für alle“ geboren, jeden Dienstagvormittag stets gut besucht. Die Kleinkinder mit ihren Müttern treffen sich seit neun Jahren jeden Donnerstagvormittag in der Krabbelgruppe, außer in den Schulferien.

Das Jahr 2011 hielt noch eine besondere Überraschung bereit:
Der Treff LEBENS L.u.S.T. wurde mit dem Ökumenepreis des ökumenischen Gästehauses Leipzig geehrt. Mit diesem Preis war auch ein Preisgeld von 1.500 Euro verbunden, ein gutes Polster für die Zukunft des Treffs. Kurz danach, im Januar 2012 erhielt der Förderverein Gemeindeaufbau der Gnadenkirche Leipzig-Wahren e. V. per Brief die Mitteilung, dass die „Initiative zum Kirchenjahr Andere Zeiten e.V.“ Hamburg, das Projekt Treff LEBENS L.u.S.T. mit 5.000 Euro unterstützen wird. Der Förderverein begleitet seit Beginn das Projekt Treff LEBENS L.u.S.T. ideell, finanziell und auch personell bis heute und hatte den Antrag dafür gestellt. Wir alle waren überglücklich über diese Anerkennung unserer Arbeit.

In all den Jahren seines Bestehens, konnte der Treff sich durch Spenden der Gäste und vieler Sponsoren selbst finanzieren, Geld aus dem Gemeindehaushalt musste nie in Anspruch genommen werden. Zahlreiche Spender beteiligen sich seit 2011 bis heute durch die Aktion „Treff LEBENS L.u.S.T. soll weiterleben “ mit 5 Euro monatlich an der Finanzierung der Kosten des Treffs. Zuwendungen von Unternehmen, von zahlreichreichen Einzelpersonen, des FÖV, Erlöse des Wahrener Adventsmarktes und auch die Kollekten des ökumenischen Gottesdienstes jeweils am Pfingstmontag ermöglichten, dass der Treff LEBENS L.u.S.T. ohne finanzielle Sorgen durch die Jahre gehen konnte.

Anders sieht es bei den ehrenamtlichen Mitarbeitern aus. Zwei tatkräftige Mitarbeiter sind seit der Eröffnung verstorben, einige haben nur kurze Zeit durchgehalten, andere sind weggezogen. Die „Lebenslustigen“ der ersten Stunde sind mit dem Treff neun Jahre älter geworden. Wir sind froh und dankbar, dass immer wieder neue Ehrenamtliche den Weg zu uns gefunden haben, sowohl aus den Kirchgemeinden als auch aus der Nachbarschaft. So konnte das Angebot in all den Jahren stabil gehalten werden.

Seit 2012 bestehen Angebote, ohne die der Treff LEBENS L.u.S.T. heute nicht mehr vorstellbar wäre:
– Geburtstagsständchen. Eine Feier für alle, die im Vormonat Geburtstag hatten, jeweils am 1. Donnerstag im Monat.
– Buchvorstellung und -lesung. Dieses Angebot richtet sich vorwiegend an ältere Menschen, die sich gern vorlesen lassen, immer am letzten Mittwoch im Monat.
– Lichtblicke – der Sonntagstreff (Trauercafe) Für all jene, die einen lieben und wichtigen Menschen verloren haben, Zeit zum Reden und zum Zuhören, zum Weinen und zum Lachen, immer am 1. Sonntag im Monat.
– Gesprächsimpuls immer am 2. Dienstag im Monat, 10.30 Uhr nach dem Frühstück, 10-15 Minuten danach Gespräch. Der Gesprächsimpuls hat z. B. das Kirchenjahr, kirchliche Fest- und Feiertage, Heilige und ihre Bedeutung heute zum Thema.
– Bibelgespräch der Landeskirchlichen Gemeinschaft jeweils am 3. Donnerstag im Monat.
– Ökumenischer Bibelkreis. Der Bibelkreis findet stets am 4. Freitag im Monat statt.

Das komplette Programm des Treff LEBENS L.u.S.T. wird im Monatsflyer veröffentlicht, der Flyer wird in 400 Exemplaren im Gemeindegebiet in Geschäften, Praxen und Kirchen sowie frei zugänglichen Spendern verteilt.

Der Treff LEBENS L.u.S.T. lebt und entwickelt sich dank vieler guter Ideen von Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen und deren unentgeltlichen Engagement seit nunmehr fast 10 Jahren. Wir hoffen, noch lange durchzuhalten, mit himmlischem Beistand.

Hans-Reinhard Günther

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