Bericht zur Restaurierung der Renaissance-Kanzel
von Robert Krause
Ich bin sehr dankbar, eine schöne originale Renaissance-Kanzel zur Abschlussarbeit untersucht zu haben. Seit April 2017 bin ich im Restaurierungszentrum Dresden bei Hans-Werner Ludwig fest angestellt. Es bereitet mir große Freude, dass mein Restaurierungskonzept nunmehr praktisch umgesetzt wurde.
Vorbereitende Arbeitsschritte
Die Behandlung mit Anobitol (Hylotox) im Jahre 1959 hat eine gewisse Belastung mit DDT hinterlassen. Deswegen musste für eine gefahrlose Weiterbearbeitung
alles mit einem speziellen Feinstaubsauger abgereinigt werden.
Für eine zweckmäßige Bearbeitung war es außerdem unerlässlich, einige Teile zu demontieren. Insbesondere die Unterseiten des Schalldeckels und die Rippen wären sonst nur aufwändig zu bearbeiten gewesen. Man beachte den hohen Arbeitsaufwand bei der starken Schichtdicke der verbräunten Überzüge. Weiterhin ließ erst der Blick vom Gerüst aus erkennen, wie lose und schief der Schalldeckel befestigt war. Seine Konstruktion hing teilweise an den breiten Brettern der Mitteltafel, welche dazu nicht stabil genug waren. Daher musste eine im Inneren des Altars verborgene Stützkonstruktion erdacht werden.
Zur Demontage des Schalldeckels brauchten dann nur einige Nägel durchtrennt und Keile entfernt werden. In einem bisher verborgenen Bereich kam ein originales Zierteil zum Vorschein.
Lose Furnierstellen wurden durch Einspritzen von Hasenhautleim und mittels angewärmter Zulagen gefestigt. Danach erfolgte die Ergänzung von Fehlstellen im Holz mit jeweils passendem Holz und selbst gesägtem Furnier in Eiche, Linde und Ahorn. Die Eiche wurde mit Salmiakgeist gealtert und so angebeizt, dass man hoffentlich nur mit größter Mühe die Ergänzungen findet. Die Ergänzungen, z.B. in der erhabenen Schrift aus Ahorn, sollen nämlich nur bei starker Beleuchtung aus nächster Nähe erkennbar sein, damit sie nicht unangenehm in den Vordergrund treten.
Abreinigung der verbräunten Überzüge
Zur Entfernung der verbräunten Überzüge kam das vorher ausgetestete Gel zur Anwendung. Man beachte bitte dazu das Plakat zur Bachelorarbeit in der Gnadenkirche. Die verbräunten Überzüge konnten recht mühelos entfernt werden, ohne das Holz anzuquellen und auszulaugen. Mehrmaliger Auftrag und zeitweise Abdeckung mit Folie waren nötig, um die starken Schichten in den zugestrichenen Ecken / Profiltiefen zu entfernen. Letztlich wurden die Oberflächenschichten bis auf die in den Poren vorhandenen Wachsreste entfernt. Diese erschienen als weiße Schleier, die mit Balsamterpentinöl und auch mittels Wärme regeneriert werden konnten.
Das im theoretischen Teil meiner Bachelorarbeit erdachte und an einigen kleinen Stellen durchgeführte Konzept, den Ölharzfirnis unter den Ölfirnissen freizulegen, konnte insgesamt in der Fläche und im Gesamtumfang der Arbeiten nicht durchgeführt werden. Ursache hierfür ist die starke Profilierung /Dreidimensionalität des Objektes, wodurch sich gerade in den Ecken und Profiltiefen erheblich mehr Firnis angesammelt hatte. Ein mehrmaliger Auftrag dort erreicht auch immer die angrenzenden glatten Flächen.
Behandlung der Oberfläche
Insbesondere die vielen Nagellöcher in der Brüstung von 1844 fielen nach der Oberflächenabnahme so stark auf, dass sie mit passend eingefärbten Kreidegrund
geschlossen werden mussten. Anschließend erfolgte ein dünner Wachsauftrag von Bienenwachs / Carnaubawachs im Verhältnis 1:1. Ziel war es, das Holz durch
Wachs als Überzug überhaupt nicht anzufeuern, damit der Ahorn möglichst hell bleibt und die Kanzel insgesamt besser zum Altar passt. Wachs wurde als wahrscheinlich originalverwendetes Oberflächenmittel erkannt und daher eine gewachste Oberfläche reproduziert. Der seidenmatte Wachsglanz lässt die verbliebenen Fugen, Risse und Löcher in den Hintergrund treten. Die Wachsmischung lässt sich jederzeit mit Benzin oder Terpentinersatz entfernen.
Zusatzaufgaben: Zierteile, Spitzen, Zierband
Nach Beratungen zwischen der Kirchgemeinde und der Denkmalpflege wurden noch von Dipl.-Rest. Ludwig entworfene Zierspitzen auf die Rippen des Schalldeckels montiert. „Kleine Thürmchen von Drechselarbeit“ erwähnt auch Pfarrer Herrnsdorf in seinem Bericht von 1841. Das aufgefundene Zierteil zeigt pflanzliche Formen. Es wurde umlaufend auf dem Schalldeckel montiert. Als letzte Kleinigkeit erhielt die breite wuchtige Brüstung eine schmale
Leiste verpasst, um die große senkrechte Fläche so zu gliedern, dass sie etwas zierlicher wirkt.
Resümee
Durch die Maßnahmen sind die Feinheiten der Marketerien, Evangelisten-Intarsien, Schnitzereien und Profile wieder deutlich zu erkennen. Die braunen Streifen
von Pappelholz neben dem hellen Ahorn erscheinen gleichsam mahagonifarben. Farbton und Glanz kommen dem originalen Zustand näher. Die wiedergewonnene
Helligkeit passt besser zum weiß-golden gefassten Altar.