Baugeschichte und Einrichtung
Das heute noch als Straßenangerdorf erkennbare Lindenthal entstand im Verlauf des 12. Jahrhunderts wahrscheinlich auf Veranlassung der angrenzenden Herrschaft Wahren. Eine erste Steinkirche ist um 1200 nachweisbar. Ihr Weihename ist nicht mehr bekannt. Reste jener romanischen Bauepoche scheinen sich im unteren Teil der Saalwände und der Westseite erhalten zu haben. Die Kirche besaß anfangs vielleicht keinen Turm.
Ebenfalls bewahrt hat sich aus dieser ältesten Zeit der Taufstein, heute ein kostbares und auch in der Form seltenes Stück. Sein viereckiger, mit unterschiedlichem Blattwerk versehener Fuß ist voller Symbolik: Die Zahl Vier stellt den Bezug zu den vier Evangelisten her, deren frohe Botschaft sich in alle vier Himmelsrichtungen ausbreiten soll. Sie erinnert aber ebenso an den Paradiesgarten mit seinen vier Flüssen (1.Buch Mose, Kapitel 2) und deutet damit die Anwartschaft auf das Paradies an, die dem Mensch in der Taufe geschenkt wird. Die stilisierte Lilie außen am Becken versinnbildlicht Gottes Herrschaft und Gnade. Nach 1650 erhielt der Taufstein eine Holzabdeckung, die mit Engelsköpfchen bemalt ist.
Im Spätmittelalter wurde das Kirchengebäude verändert. Das bezeugen für diese Zeit sowohl die nach wie vor erklingende Marienglocke von 1459 als auch der annähernd lebensgroße Kruzifixus (jetzt an der Südwand des Altarraumes).
Die Glocke besitzt eine lateinische Inschrift, die außer der Jahreszahl auf das Lukasevangelium Kapitel 1, Vers 28 zurückgreift. Der Engel Gabriel sagt dort zu Maria: Gegrüßet seiest du, Hochbegnadete, der Herr ist mit dir. Der Kruzifixus dagegen, mit einer sichtbar eingefügten Reliquie im Oberkörper, hatte einst seinen Platz im später entfernten Triumphbogen. Auf ihn weisen noch Fundamentreste im Fußboden am Übergang zum Altarraum hin.
1544 und endgültig 1562 wurde die Reformation eingeführt. 1567 löste Georg Blanck, Besitzer der Herrschaft Wahren, durch Kauf die selbständige Pfarrei Lindenthal auf. Sie wurde, zusammen mit den wenigen Bewohnern des ehemaligen Pfarrkirchdorfes Breitenfeld künftig vom Wahrener Pfarrer mitversorgt, eine Regelung, die bis 1927 bestand.
Nach dem Konkurs der Familie Blanck zerlegte man die Herrschaft Wahren, und in Breitenfeld residierte seit 1592/1600 die Familie von Brösigke, die neben Wiederitzsch und Hayna auch in Lindenthal bis 1796 Kirchenpatron war. Ein so genanntes Donatoren[Stifter]bild sowie mehrere Grabsteine dieser Familie im Außenbereich der Kirche, leider zunehmend verfallend, gehören ebenso dieser Epoche an.
1631 machte Lindenthal die unmittelbare Begegnung mit dem 30jährigen Krieg (1618-1648). Damals erfolgte die – erste – Schlacht auf dem breiten Felde zwischen Breitenfeld und Podelwitz (die zweite Schlacht fand 1642 statt). Dieser 1631 erfochtene Sieg unter dem lutherischen Schwedenkönig Gustav II. Adolf, im Jahr darauf gefallen bei Lützen, bewahrte den deutschen Protestantismus vor dem Untergang. Der 1934 gewählte Name Gustav-Adolf-Kirche hält den Gedanken an diese Rettung fest.
Wie Quellen aus dem Kirchenarchiv belegen, waren am Ende jenes furchtbaren Krieges in Lindenthal ein großer Teil der Bauernhöfe verlassen und viele Felder wüst. Bescheidener Wohlstand stellte sich erst wieder gegen 1700 ein.
1720/21 sind umfangreiche Baumaßnahmen an der Kirche zu verzeichnen, geleitet von Ratszimmermeister Johann Christian Schmidt aus Leipzig (u. a. dort beteiligt am Frege- und am Romanushaus). Der Kostenanschlag belief sich auf 1.500 Taler, und zu dieser Zeit bekam das Gotteshaus seine gegenwärtige Gestalt. Dazu zählten anstelle eines älteren schadhaften Turmes der noch jetzt weithin sichtbare barocke Turm mit Laterne, die großen Fenster, die einst sogar doppelten Emporen für die Männersitze, außerdem die ebenerdige Patronatsloge und die Sakristei sowie ein weiträumiger Altarplatz. Zur Vollendung im Inneren fehlte es dann aber dem Patronat offenbar an Geld, denn die Ausstattung mit Kanzel und Altar unterblieb. Predigt und Abendmahl hatten ihren Ort an einem einfachen Tisch.
Erst die Beschwerde bei einer Visitation bewirkte, dass 1744 neben der Reparatur verfaulter Weiberstühle (Bänke unten im Saal) endlich durch einen namentlich nicht überlieferten Merseburger privilegierten Bildhauer der bis heute vorhandene Kanzelaltar errichtet wurde.
Er ist verziert mit beziehungsreichen Attributen, darunter eine aufgeschlagene Bibel auf der Kanzelbrüstung und Ähren und Weintrauben in den Seitenwangen der Altarwand, zuletzt restauriert 1996. Seit 2018 besitzt er ein modernes Altarkreuz, gefertigt von Clemens Gerstenberger. Auch baute man damals, ebenfalls vom Kirchenpatron bezahlt, eine aus Merseburg stammende Turmuhr mit zwei Zifferblättern ein, die nach beiden Dorfseiten hin zeigen.
Abgeschlossen wurde die Ausstattung der Kirche mit der 1793 eingeweihten Orgel, die ihren schicklichen Platz auf einer eigenen Empore an der Westseite bekam und die mit ihrem anspruchsvollen Prospekt ein angemessenes Gegenstück zum Kanzelaltar bilden sollte. Auch der Schülerchor (die Kurrende) sang von hieraus.
Die Orgel war ein Werk von Johann Christian Friedrich Flemming aus Torgau, einem Schüler von Gottfried Silbermann (die nächstliegende Arbeit von Flemming kannte man seit 1776 aus dem benachbarten Radefeld). Die Gemeindekollekte zu dieser Anschaffung belief sich auf 100, die Spende des Patronatsherrn hingegen auf 50 Taler.
Ein besonderes Kapitel stellen die Beziehungen zur Völkerschlacht dar. Berichtet wird unter anderem, dass am 16.Oktober 1813, als die Franzosen in Richtung Möckern zurückgedrängt wurden, im Dorfbereich Gefechte stattfanden und die Lindenthaler Einwohner mit Sack und Pack Zuflucht in der Kirche suchten.
Unter den wiederholten Renovierungen und Sicherungsarbeiten seit 1842 waren besonders die Rettungsmaßnahmen in der DDR-Zeit ein Problem. Damals und auch später haben Eigenleistungen der Kirchgemeinde wesentlich zum Erhalt der Bausubstanz beigetragen. Insgesamt hat die Instandhaltung dabei oft unterschiedliche Akzente gesetzt. So ist manches Stück der älteren Ausstattung inzwischen verloren gegangen, doch geblieben ist stets, durch die jüngsten Erneuerungsmaßnahmen unterstrichen, das Merkmal eines festlich wirkenden Kirchensaales.
Ausdrücklich noch zu erwähnen sind zwei Denkmale außerhalb des Kirchengebäudes. Das eine auf der Nordseite, 1913 errichtet über aufgefundenen Gebeinen aus der Völkerschlacht von 1813, weist mit seiner Inschrift darauf hin, dass Freund und Feind im Tod vereint hier eine gemeinsame Ruhestätte erhalten haben.
Das andere auf der Südseite, 1926 gewidmet den Toten der Gemeinde aus dem Ersten Weltkrieg, ist als großes offenes Portal gestaltet. Es lädt zum Durchschreiten ein und leitet im übertragenen Sinn so auch uns Spätere an, wie man mit erlebtem Leid und bedrückender Geschichte umgehen sollte.
Zur Zeit steht neben der Restaurierung von Patronatsloge und Sakristei auch eine Sanierung des gusseisernen Glockenstuhles von 1914 an. Er stellt eine bemerkenswerte ingenieurtechnische Anlage dar, die auch noch heutigen Ansprüchen genügt, doch dringend eine materialgerechte Behandlung verlangt.
Eine finanzielle Unterstützung ist daher sehr willkommen:
Kirchenbezirk Leipzig
IBAN: DE46 3506 0190 1620 4790 43
BIC: GENO DE D1 DKD, KD-Bank
Verwendungszweck: RT 1924 – Gustav-Adolf-Kirche
Wir bedanken uns für Ihre Unterstützung und stellen gern auch eine Spendenquittung aus.
Gerhard Graf, 2020