Das Lichtkreuz

Nachdem die Leipziger Stadtverordnetenversammlung entgegen der Rechtslage die Rückgabe des Flügelaltars verweigert hatte, wurde durch Vermittlung des Kunstdienstes der sächsischen Landeskirche 1971 dem Künstlerehepaar Ulrike (1939-2012) und Thomas Oelzner (geb. 1939) die Gestaltung des Altarbereichs übertragen. Das von ihnen geschaffene Kreuz besteht aus sechs Edelstahlwerkstücken, die auf der Vorderseite mit Kupferaufschweißungen versehen sind sowie sieben Betonglasstücken aus farblosem, wasserblauem und rotem Glas.
Pfarrer Klaus Fritzsche (1935-1991), 1966-1977 Pfarrer in Lützschena, schrieb dazu:

„Sowohl die Eisenteile, als auch die Hohlräume ergeben jeweils zusammengenommen ein Kreuz (Materialkreuz und Lichtkreuz). Es handelt sich also um um ein Doppelkreuz in Positiv-Negativ-Wirkung. Daraus ist zu erkennen, daß auf eine naturalistische Kreuzesgestaltung verzichtet wurde, weil dieses nur den Tod Jesu veranschaulicht hätte (Das Kreuz als Hinrichtungswerkzeug). Das Kreuz Christi soll aber vom ganzen Leben des Herrn erzählen, von seinen Niederlagen bis hin zum Scheitern am Kreuz, dargestellt durch das Element Eisen; aber auch von der Macht, mit der er Menschen an sich zog, von seinen Erfolgen bis hin zum Sieg über den Tod, dargestellt in den Elementen Licht und Glas. In Jesus ist die Herrlichkeit und Liebe Gottes (Glas-Licht) im Gewand eines der Ärmsten der Armen (Eisen) mitten unter uns gewesen. Viele Menschen hat das Zwielicht im Auftreten Jesu irritiert und schließlich dazu geführt, ihn abzulehnen. Darum ist das Kreuz der Schloßkirche so „unklar“ gestaltet worden. Wer kein Kreuz erkennen will, wird es nicht erkennen. Wer Jesus sehen will, dem muss man seine Gemeinde zeigen. Das Kreuz bildet die Gemeinde Jesu heute ab. Es ist eine Gemeinde, die keine Schlagzeilen macht, keine führende Rolle spielt, in der Hauptsache aus alten Menschen und Kindern besteht, unaufhaltsam kleiner wird, im Grunde überflüssig ist – das sollen die Eisenstücke ausdrücken, die so bearbeitet sind, als ob sie vom Schrottplatz stamme. Wiederum ist die Gemeinde der Ort, wo das Wunder des Glaubens geschieht, Gestrauchelte wieder festen Boden finden, Verzweifelte getröstet werden, Einsame Gemeinschaft erleben – das sollen die leuchtenden Glasstücke ausdrücken. Im Kreuz der Schloßkirche ist auch die Diasporasituation zu sehen; ferner die Zerrissenheit der Christen – dennoch zusammengeschweißt (wörtlich zu verstehen!) durch die Liebe Christi.“

>